Laudatio Ralf-Dahrendorf-Preis für Lokaljournalismus 2017

1. Preis, Marc Rath, Magdeburger Volksstimme

von Annette Hillebrand

Liebe Gäste,

die Arbeit von Marc Rath zu loben – er ist Autor des Textes, den Sie soeben gehört haben – fällt mir einerseits ganz leicht. Und andererseits schwer. Es ist nämlich so, dass Marc Rath etwas aufgedeckt hat, was so ungeheuerlich, ja abstoßend ist, dass ich Ihnen, liebes Publikum, dies eigentlich unbedingt erzählen möchte. Doch die Zeit reicht nicht, Ihnen zu schildern, mit welcher Chuzpe die CDU in der Altmark in Sachsen-Anhalt Vorwürfe abgewimmelt und gelogen, geschachert und getrickst hat.

Und damit zur Laudatio: Bemerkenswert unaufgeregt und zugleich hartnäckig hat Marc Rath über nunmehr drei Jahre hinweg den größten Wahlskandal in der Geschichte Sachsen-Anhalts aufgedeckt. Seine Arbeit beginnt mit einer kleinen Aufmerksamkeit, am Abend der Stadtratswahl 2014 in Stendal. Als die Briefwahlergebnisse angezeigt werden, schießt mit einem Mal ein CDU-Kandidat nach vorn, der zuvor noch nicht unter den 20 ersten Plätzen aufgetaucht war. Nun landet er auf Platz drei.

Marc Rath macht das stutzig. Den Wahlleiter überhaupt nicht. Und der Kandidat erklärt sein überraschend schönes Wahlergebnis so: „Ich habe aktiv für mich geworben, viel telefoniert, Menschen direkt angesprochen“. In Wahrheit hat er Briefwahlunterlagen gefälscht. Und Parteifreunde haben ihm geholfen.

Und so geht es immer weiter: Wen Marc Rath auch fragt, jeder CDU-Amtsträger gibt sich ahnungslos oder auch empört, gekränkt, immer völlig zu Unrecht bedrängt.

Am Ende wird der Briefwahlfälscher zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Kommunalwahl 2014 war, wie Marc Rath herausfindet, nur das Ende einer Fälschungsserie. Schon 2009 wurde eine Wahl manipuliert. Und auch bei der Landratswahl 2012 ist Etliches nicht mit rechten Dingen zugegangen; die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit wegen Wahl- und Urkundenfälschung.

Wie gesagt: Es ist ein wirklich großer Wahlskandal.

Wer solche Machenschaften aufdeckt, könnte mit der Zeit sehr zornig werden oder zynisch oder hämisch oder herablassend. Nichts davon ist in den Berichten zu spüren, die Marc Rath schreibt. Er bleibt unerschütterlich sachlich, arbeitet gründlich und behutsam. Kein Jagdfieber ist da auszumachen – was die CDU ihm selbstredend unterstellt, stattdessen: ernsthafte Erschütterung über solch demokratieschädliches Handeln einer Partei. Alle Berichte, die wir von Marc Rath gelesen haben, zeigen deutlich, dass er selbst wie staunend vor den Kreisen steht, die sein Anfangsverdacht zieht und zieht und weiter zieht.

Lieber Herr Rath: Für Ihre herausragende Arbeit haben Sie bereits zwei bedeutende Medienpreise erhalten. Das hat uns, die Jury, sehr gefreut und überhaupt nicht davon abgehalten, Ihnen den Ralf-Dahrendorf-Preis zuzusprechen. Herzlichen Glückwunsch!