Begrüßungsrede von Dr. Christian Hodeige

Ihnen allen ein herzliches Willkommen!

Es ist durchaus denkbar, dass wir eines Tages von ihm als Retter der freien Presse im Allgemeinen und den Tageszeitungen im Besonderen sprechen werden. Die „New York Times“, die „Washington Post“ oder das „Wall Street Journal“ – politisches Bewusstsein bildende Presseinstitutionen von Weltruf in schwersten Fahrwässern, bis er die Bühne betrat. CNN schien gar vor dem wirtschaftlichen Kollaps, bis ein großgewachsener Mann mit markanter Haartolle das vorher scheinbar Unmögliche möglich gemacht hat. Die Presse, von ihm auch als „Feind des Volkes“ angepöbelt, demonstriert jetzt täglich, wie frei sie ist und auch künftig bleiben wird und wie sehr das Volk unabhängige Nachrichten, Analysen, Kommentare, härtestes politisches Kabarett und bisweilen tief unter die Gürtellinie liegenden Klamauk aufsaugt. Hey, an manchen Tagen sind zwei Stunden CNN und etwas „Saturday Night Life“ um Längen spannender, bildender und unterhaltsamer als der 7534. Tatort. „The Donald“ will den Sinn von politischer Gewaltenteilung, von Institutionen und von Gesellschaft prägenden Strukturen und des Rechtsstaats nicht verstehen. Dafür dreschen wir jetzt alle auf ihn ein, das ist recht, wenn man dann noch so weit weg von ihm ist, wie in Deutschland, ist es halt auch – fast möchte man sagen nur - billig. Wie viel spannender ist es in den USA, dass sich die Institutionen, die Gewalten und der Rechtsstaat davon nicht beeindrucken lassen. Die Gerichte heben die Beschlüsse des Präsidenten, die Executive Orders, gerade wieder auf. Selbst die Front republikanischer Parteiabgeordneter beginnt zu bröckeln. Die Bundesstaaten lehnen sich auf. Bürgermeister schließen sich gegen ihn zusammen. Immer mehr amerikanische Wirtschaftstycone, in Deutschland und Europa gerne als Megaschurken und Tyrannenliebhaber gebrandmarkt, sagen ihrem „I am the president, and you are not“, dass sie ihn für inkompetent, überfordert und beschränkt halten. Das Volk politisiert sich in einer längst nicht mehr für möglich gehaltenen Geschwindigkeit und bei allem mitten drin – die Presse. Ein sogenannter Faktencheck der New York Times, da wird eine Rede des Präsidenten gnadenlos auf Fakten, Plausibilitäten aber auch auf Lügen, Behauptungen und schlichte Befindsamkeiten abgeklopft und das wird schonungslos publiziert. Das ist eine dieser großartigen Errungenschaften der Freiheit, der Pressefreiheit. Claudius Seidl schreibt in der FAS (04.06.2017) über die USA: „Im Land der Feien, der Heimat der Tapferen kann man gerade sehen, wie frei die Tapferen und wie tapfer die Freien sind – und womöglich war es noch nie so wichtig, so interessant, so erkenntnisstiftend für Europäer, amerikanische Zeitungen, Magazine und Bücher zu lesen, an amerikanischen Universitäten zu studieren, auf Youtube die bösesten der politischen Late-Night-Shows anzuschauen, ja teilzuhaben an der amerikanischen Kultur, den amerikanischen Diskursen, welche sich, weil der Universalismus der Wesenskern der Vereinigten Statten ist, nicht nur an Amerikaner, sondern immer auch an alle anderen richten.“

Bevor der oft reflexartige deutsche Antiamerikanismus, der sich von links wie rechts immer wieder schnell auszubreiten scheint - es lässt sich halt auch so völlig hemmungslos auf Trump eindreschen - sollten wir klipp und klar festhalten: Trump ist nicht die USA, Trump ist nicht die Amerikaner und Trump ist ganz sicher nicht die amerikanische Verfassung. Vielleicht sollten wir hier in Europa und in Deutschland mal innehalten und uns mit politischen Führern wie dem Polen Kaczynski, dem Ungarn Orban, dem Bulgaren Simeonow oder den rumänischen sogenannte Sozialdemokraten und deren Verhältnis zu und Verständnis von Pressefreiheit beleuchten. Der Italiener Berlusconi, die österreichische FPÖ oder die deutsche AFD lassen freundlichst grüßen.

Und so möchte ich den Kreis wieder schließen, zurückkommen aus dem kurzen Blick über den europäischen Tellerrand und ganz in die Mitte des Tellers laufen und uns auf diese unsere Republik konzentrieren. Sie ist die beste, in der wie je gelebt haben und die auch wir nun mehr denn je verteidigen müssen. Das zivilisatorische Gut von Freiheit, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit müssen wir doch alle, na ja, fast alle bewahren. Dazu braucht es eine freie, unabhängige Qualitätspresse. Im Nationalen, im Regionalen und im Lokalen. Für letztere beiden haben wir diesen Preis, den Ralf Dahrendorf Preis für Lokaljournalismus aus der Taufe gehoben. Was sagt er dazu?

Lord Dahrendorf: Mein Resümee also ist: Die Regionalzeitung ist nach wie vor die prägende Kraft einer Gesellschaft, die in bestimmter Weise dezentral strukturiert ist. Wenn sie verloren ginge oder schwächer würde, würde das diffusere gesellschaftliche Ordnungen einerseits dokumentieren und andererseits schaffen. Vergessen wir nie, dass in einer globalisierten Marktumwelt Differenzierung ein eher größerer Wert ist, und dass daher das, was manchmal "Glokalisierung" genannt wird - also der gleichzeitige Prozess der Globalisierung bestimmter Entscheidungen und wirtschaftlicher Initiativen und der Lokalisierung anderer Tätigkeiten - ein Gewinn für alle ist. Was mich betrifft, so möchte ich nicht nur bis ans Ende meiner Tage, sondern auch für die nächste und übernächste Generation wissen, dass starke Regionalzeitungen das Bild der Presselandschaft prägen.

Herzlichen Dank! Ich freue mich jetzt auf Lady Dahrendorf!