Laudatio auf den ersten Preisträger: Thomas Haag

von Thomas Hauser

Lokal- und Regionalzeitungen werden dringend gebraucht für eine lebendige Bürgergesellschaft. Ohne ihre Arbeit wäre die Demokratie gefährdet. Wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, unsere Preisträger und viele der anderen Einsendungen, die wir leider nicht alle prämieren konnten, haben ihn geliefert.

Das gilt insbesondere auch für unseren ersten Preis. Er hat es gleich aus mehreren Gründen verdient, ausgezeichnet zu werden. Zunächst einmal zeigt er, dass viele Themen letztlich lokal sind, auch wenn sie, wie hier, landespolitisch daherkommen. Das heißt, man kann Verfehlungen und Machenschaften auch dann aus der lokalen Warte aufdecken, wenn die eigentlichen Drahtzieher nicht oder nur zum Teil im Ort sitzen. Thomas Haag, der Chef der drei Lokalausgaben Bad Kreuznach, Bad Sobernheim und Kirn ist, kam zu seiner Artikelserie in der Allgemeinen Zeitung über die Landesgartenschauen in Rheinland-Pfalz durch einen konkreten lokalen Anlass, aber er hat über den Kirchturm hinaus recherchiert. Er hat, wenn man so will, das beliebte Prinzip der Lokalisierung überregionaler Themen auf den Kopf gestellt. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil Lokalredaktionen heute in der Regel personell so knapp besetzt sind, dass Redakteurinnen und Redakteure dazu neigen, sich innerhalb ihrer Stadtmauern einzuigeln. So entgehen ihnen und uns hinreißende Geschichten.

Unser 1. Preis zeigt auch, dass man langfristig an Themen dranbleiben muss, wenn man an die Hinter- und Abgründe herankommen will. Das kann in Zeit- und Geldverschwendung ausarten, braucht jedenfalls aber Geduld und langen Atem. Im Kampf um schnelle Nachrichten in Zeiten des Internets wirkt das ebenso antiquiert wie angesichts redaktioneller Benchmarks und anderer Effizienzanforderungen an Redaktionen. Aber so geht guter Journalismus. Die Landesgartenschau 2008 in Bingen hat Haag "normal" begleitet, das heißt er hat die schönen Bilder transportiert, die solche Ereignisse gewöhnlich abwerfen und die netten Geschichten erzählt, die es dort zu erzählen gibt. Aufgrund des damals aufgebauten umfangreichen Netzwerkes ist er dann 2012 – also vier Jahre später – als erster Journalist auf Unstimmigkeiten innerhalb der Landesgartenschaugesellschaft aufmerksam geworden, hat die recherchiert und letztlich damit staatsanwaltschaftliche Ermittlungen ausgelöst und den Landesrechnungshof tätig werden lassen.

Thomas Haags Geschichten über die im doppelten Sinne "blühenden Geschäfte" mit den Landesgartenschauen in Rheinland-Pfalz sind überdies ein klassisches Beispiel dafür, dass jede Macht der Kontrolle bedarf. Ralf Dahrendorf hätte sich hier bestätigt gesehen, zumal sie auch klassisch weiterging. Die eigentlich zuständigen Kontrolleure auf der politischen Ebene waren nämlich entweder selbst involviert, haben weggesehen oder haben versagt. Dabei wissen doch alle, dass bei öffentlichen Aufträgen die Gefahr der Korruption besonders groß ist. Hätte Thomas Haag nicht so genau hingesehen und nachgefragt, die Vetternwirtschaft wäre einfach weitergegangen.

Dabei sind die Verfehlungen besonders dreist und offensichtlich. Mit dem Vertrag, den die ausrichtenden Städte in der von der von der Projektgesellschaft Landesgartenschauen Rheinland-Pfalz vorgegebenen Form schlucken müssen, mit der Besetzung eines Geschäftsführerpostens bei der jeweiligen LGS GmbH und der Entsendung eines Vertreters in den Vergabeausschuss, sichern sich die "Grünen Firmen" den Zugriff auf die Verteilung der für die Gartenschau freigegebenen Steuergelder. Dieselben Landschaftsgärtner stehen dann auf der anderen Seite der Vergabe als Empfänger lukrativer Aufträge. Dabei teilten sich zum Beispiel in Landau nur zwei Firmen rund zwei Drittel des Auftragsvolumens. Das nimmt es kaum wunder, dass der Landesrechnungshof in seinem Prüfbericht auffällige personelle Verflechtungen zwischen der Projektgesellschaft, der LGS-Geschäftsleitung und einer der beiden Firmen feststellte. Im Klartext: Die immergleichen Unternehmen teilten die Pfründe unter sich auf.

Schlimmer noch: War ein Auftrag erst einmal bei einer der Firmen aus dem Trägerkreis der Projektgesellschaft gelandet, explodierten die Kosten. Stundenlohnsleistungen zum Beispiel haben sich fast verzehnfacht. Dies war, so rügte der Landesrechnungshof, ein System zum Gelddrucken.