Laudatio Ralf-Dahrendorf-Preis für Lokaljournalismus 2015

3. Preis, Oliver Braun, Nordwest-Zeitung

von Ilse Stein

Wenn man so etwas hört, oder wie die Jury liest, dann möchte man doch gleich mehr wissen. Das erzeugt Spannung, verblüfft, macht neugierig.
Und wir befinden uns nicht, wie man denken mag, in Sizilien, sondern im Kreis Friesland in Niedersachsen. Genauer gesagt in Jever - das man hier im Süden Deutschlands sicher auch kennt - Sie wissen schon: Wie das Land, so das Jever.
Doch bei unserer Geschichte geht es nicht um Bier, es geht um die Pizza. Und was die Leser der Nordwestzeitung zwischen Januar 2014 und März 2015 zu lesen bekamen, das liest sich wie das Drehbuch in Sachen Wirtschaftskriminalität, wie ein Autor es nicht besser hätte erfinden können.
Erfinden musste Oliver Braun allerdings nichts. Dafür umso mehr hat er das getan, was gute Lokaljournalisten bis heute auszeichnet: Er hat lange und gründlich recherchiert. Ungewöhnlich daran ist lediglich, dass die Recherchen ihn bis in die Schweiz und nach Italien führten. Wohlgemerkt von Jever aus.
Und warum? Weil er einem Schwindel auf der Spur war, einem richtig dreisten: Danach sollte im Jade-Weser Park im Kreis Friesland ein großes Pizzawerk gebaut werden. Hoffnung für mehrere hundert Arbeitsplätze in der Region wurden geweckt. Angeblich waren 300 Millionen im Spiel. Ähnliches sollte unter anderem, so fand Braun heraus, auch im norditalienischen Ort Bondeno geplant sein. Angeblicher Investor war ein 58jähriger Italo-Schweizer, der bereits Mitte der 90 er Jahre wegen Kreditbetruges zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war. Wobei er mehrere Banken um einen größeren zweistelligen Millionenbetrag geprellt hatte.
Nun war er wieder am Werk und plante europaweit an mindestens vier Standorten angeblich riesige Lebensmittelfabriken. Immer in strukturschwachen Regionen.
Wie eine Planung nach der anderen platzte, wie aus dem Traum von der großen Pizza-Connection eine "Pizza ohne alles" wurde, eine "Pizza Criminale": Das hat Braun akribisch aufgedeckt. Unterwegs in Europa. Im Gepäck die Adressen von Beteiligungsfirmen, Planungsbüros und angeblichen Investoren in Deutschland, Schweiz und Italien. Dazu viele offene Fragen.

Um es kurz zu machen: Erst aufgrund dieser bravourösen Recherchearbeit distanzierten sich nach Monaten auch der Landkreis Friesland und der Zweckverband Jade -Wester von dem Projekt und mussten es für gescheitert erklären.
Und auch in Italien, wo man bereits EU-Mittel von Höhe von 50 Millionen Euro und Mittel des Landwirtschaftsministeriums von zehn Millionen erhofft hatte, ist inzwischen klar: alles Schall und Rauch.

Für diese Arbeit, da war sich die Jury des Rolf-Dahrendorf-Preises schnell einig, gebührt Oliver Braun der dritte Preis. Womit er sich gleich doppelt freuen darf, denn auch die Jury des Konrad-Adenauer-Lokaljournalistenpreises hat seine Text (kurz nach unserer Entscheidung) ebenfalls mit einer Auszeichnung gewürdigt. Doppelten Glückwunsch also!