Laudatio Ralf-Dahrendorf-Preis für Lokaljournalismus 2015

Lob, Jens Ostrowski und das Team der Sächsischen Zeitung

von Holger Knöferl

Sehr geehrte Lady Dahrendorf,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Preisträger,

was macht guten Journalismus aus? Nun, das ist das Thema dieser Veranstaltung, sowohl im Allgemeinen als auch am konkreten Beispiel. Was aber macht einen guten Journalisten aus? Neben all den Eigenschaften, die ihn zu gutem Journalismus befähigen eben auch ein gewisser Hang zur Selbstausbeutung aus der Haltung heraus, dass nichts wichtiger ist als eine gute nächste Ausgabe. Und so kann Jens Ostrowski als Vertreter der Sächsischen Zeitung heute leider nicht hier sein. Die Redaktionsmannschaft ist diese Woche eng aufgestellt und es gibt einfach viel zu viel zu tun, als dass die Reise in den tiefen Süden eine echte Option gewesen wäre.

Dabei hätten der Kollege und sein Team der Lokalredaktion in Riesa wirklich allen Grund gehabt, hier und heute die Glückwünsche und die Anerkennung für eine herausragende journalistische Leistung von uns entgegen zu nehmen. 25 Jahre nach der Wiedervereinigung – genug Abstand, um mit verklärtem Blick auf die Wendezeit zurückzublicken. Ein bisschen Historismus, ein paar Zeitzeugen, fertig ist der Jubiläumsbrei. Doch dieser Verlockung sind die Journalisten in Riesa nicht erlegen. In einer Serie haben sie erstmals die Geschichte der Staatssicherheit in Riesa aufgearbeitet. „Zweieinhalb Jahre recherchierte die SZ für ihre Serie, die morgen startet – und erntet dafür nicht nur Beifall“ – so lautet die Unterzeile zum Auftakt-Artikel. Auf was Kollege Ostrowski damit schon vor der Veröffentlichung anspielte, das wird dem Leser schnell nachvollziehbar, erst Recht, wenn man, wie im Fall unserer Jury, die gesamte Serie präsentiert bekommt. Präzise und leserfreundlich gemachte Erklärstücke wechseln sich ab mit der Schilderung erschütternder Schicksale, Experten kommen genauso zu Wort wie Bürger und es wird sehr klar, dass Geschichte eben nicht immer ein Ende haben muss.

Relevanz, Haltung, Tiefe, Nutzwert – alle diese Anforderungen an guten Journalismus erfüllt die Serie „Die Stasi vor unserer Tür“ der Sächsischen Zeitung. Mit ihrer Arbeit haben die Kollegen aus Riesa die Jury voll und ganz überzeugt und sie wäre ohne Frage auch preiswürdig gewesen – wenn der Ralf-Dahrendorf-Preis für Lokaljournalismus nicht fokussieren würde auf die Schnittmenge zwischen Politik und Bürger und der Preis an Journalisten gehen soll, die Transparenz herstellen über das Tun und Lassen der heute politisch Handelnden. „Nichts gesagt ist gelobt genug“ – dieser schwäbischen Weisheit vermochte sich die Jury angesichts der Qualität dieser Serie nicht anzuschließen. Und spricht deshalb eine lobende Erwähnung aus.